Erdställe in Gaunersdorf
Mitteilungen der Anthrobologischen Gesellschaft in Wien
Romstorfer Karl 1891

Fast mit jedem Tag werden von jenen merkwürdigen zumeist in Löss oder Mergel gegrabenen labyrinthartig verzweigten, niederen Höhlungen, im Volksmund Erdställe oder Hauslöcher genannt neue entdeckt. Von nahezu gleichen Formen finden sie sich  in Nieder- und Oberösterreich, Bayern, Steiermark, Böhmen und Mähren; sie wurden in ähnlicher Art auch in Ungarn und den unteren Donauländern nachgewiesen. Dr. G. Riehl beschrieb derartige Höhlen aus Gleichenbach, Wallersdorf etc.; viele derselben deckten P. Lambert Karner (z.B. in Biberbach; Adald Dungel, Dr. M. Muck, Josef von Kole (bei Neunkirchen, Oberösterreich), Maler Ignaz Spöttl (in Hohenmark), Custos Trapp, Dr. H. Wankel in Mähren auf; einen interessanten Erdstall am Himmlergute in Reitling beschrieb kürzlich erst Dr. G. Balka. Es kann als nachgewiesen gelten das diese unterirdischen künstlichen Höhlen hauptsächlich als Sicherungsstätten in Kriegszeiten dienten, wofür auch die Thatsache spricht, dass noch heute das Vorhandensein derselben vom Volke vielfach als Geheimniss bewahrt wird.

Eine namhafte Anzahl derartiger Hauslöcher befindet sich im Markte Gaunersdorf und in den benachbarten Ortschaften. Meines Wissens wurde hiervon bis jetzt kaum Notiz genommen und sei es gestattet, in Nachfolgendem die Aufmerksamkeit auf dieselben zu lenken. Sie scheinen mir um so wichtiger, als der Ort - an dem von Wien nach Brünn, Ölmütz etc. führenden alten Hauptverkehrswege gelegen - in früheren Zeiten eine wichtige Rolle gespielt haben dürfte.

Wenigstens ist constatirt, dass namentlich im XII. und XIII. Jahrhunderte  der genannte früher mit Wallgraben, starken Mauern und Thurm wohlbefestigte Ort bedeutende Rechte besass, welche Rudolf IV. im Jahre 1360 erneuerte. In der betreffenden, von Adolf Erzbischof von Salzburg, Graf Albert von Graz, vielen Bischöfen, Obristen, Kämmerern, Truchsessen etc. "und anderen lieben Leute genug" mitunterzeichneten Urkunde, werden den Bürgern von Gaunersdorf und allen ihren Nachkommen die bezüglichen Rechte "fürbass ewiglich" verschrieben; dem Marktrathe insbesondere das Recht auf "Stock und Galgen" auch über fremde Reisende, ohne diesen ein berufungsrecht zuzugestehen. Alles, was in diesem Orte "verzehrt, verhausiret und verkauft" wurde, musste " vermauthet" werden und war die Abhaltung eines "completen Wochenmarktes am Freitag Nachmittag und am Samstag, bis man zur Vesper läutet" gestattet. Bereits im Jahre 1879 brachte ich in Gaunersdorf etwa 20 hauslöcher in Erfahrung, von welchen ich einige besah. Den seinerzeit hierüber gemachten Notizen ist nachstehendes entnommen.

Die meisten Erdställe sind von Weinkellern aus zugänglich und zwar von den zunächst dem Orte liegenden, also ältesten Kellern; einige liegen unter Wohnhäusern und nur ein einziger Erdstall wurde mir namhaft gemacht, welcher seinen nun verschütteten Eingang direct, und zwar von einem Hohlwege aus, besitzt.

In einem der von mir besuchten Erdställe gelangt man von dem in Löss gegrabenen Weinkeller aus durch einen ein Meter über dem Kellerfussboden gelegenen, 50 cm breiten, 80 cm hohen, etwas ansteigenden Gang, welcher sich nach 80 cm Länge und wieder nach etwa 1 1/2 m rechtwinklig bricht. Das dritte Stück ist nahezu 6m lang und hat 80 cm Breite und 130 cm Höhe. Am Ende dieses dritten verhältnissmässig geräumigen  Ganges führte Links ein meterlanger Gang zur ersten, recht ein 2 m langer Gang zur zweiten und nach vorne ein viertelkreisförmig gebogener etwa 5 m langer, etwas ansteigender Gang zur dritten Höhle. Diese drei Höhlen sind nicht gleich gross; während die erste kaum 2 qm an Grundfläche hat und eigentlich nur einen erweiterten Gang darstellt, besitzt die zweite zwei in Lehm ausgearbeitete, gut erhaltene Bänke. Die dritte, weitaus grösste, ebenfalls mit Bänken versehene Höhle ist beiläufig 2 m lang, 180 cm breit und so hoch das man ganz bequem aufrecht stehen kann. Das Profil der Gänge und Höhlen bildet ein Mittelding zwischen Spitz - und Rundbogen und ist parabelähnlich. An den ziemlich glatten Wänden erkennt man, das sie vornehmlich mit eisernen (sogenannten) Krampen hergestellt wurden. An vielen Stellen finden sich Schriftzeichen und Jahreszahlen eingekratzt, von letztern wiederholt namentlich 1804 und 1808; die Jahreszahl 1609 wurde sichtlich in späterer Zeit nachgeritzt. Das innere ist ein wenig geschwärzt, im Uebrigen sehr gut erhalten. Ein anderer Erdstall, noch näher dem Ort gelegen, hat die Form eines Kellers von etwa 2 1/2 m Breite und 8 m Länge und ist von einem Weinkeller aus mittels eines ganz engen, nur schliefbaren und rechtwinklig gebrochen Ganges erreichbar. Ein anderer wieder hatte in den Höhlen backofenförmige Erweiterungen von der Grösse einer Lagerstätte, Ventilationscanäle in`s Freie, wie sie Keller besitzen, sogenannte "Dunstlöcher", hatte keine der  besuchten Höhlen.

Viele der Erdställe mögen bereits in Folge von Vergrösserungen der Keller verschwunden sein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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